Dienstag, 29. April 2014

Sprachtalent

Es war meine letzte Tour am Sonntagnachmittag. Ein Pärchen wollte zum Flughafen Tegel. Er, so Mitte dreissig mit 3-Tage-Bart und sie auch so seinem Alter.

Manchmal frage ich schon gleich nach Fahrtbeginn nach dem Flugziel. Istanbul sollte es sein. Die Unterhaltung wurde zuerst in Englisch geführt, was er sehr gut, wahrscheinlich besser als ich, beherrschte. Im Laufe des Gesprächs stellte sich heraus, dass er, Sohn türkischer Eltern, in Deutschland geboren wurde. Als er 3 Jahre alt war, ging es zurück in die Türkei, wo er bis heute lebt.

Meine Frage, ob denn etwas übrig geblieben sei von den Deutschkenntnissen, war eigentlich eher spassig gemeint. Aber siehe da, er plapperte in fast akzentfreiem Deutsch weiter, dass mir beinahe die Augen aus dem Kopf fielen. Zugegeben, das eine oder andere Wort war nicht spontan vorhanden, aber mit etwas Hilfe ging es fast fließend. Ungläubig fragte ich nach, ob er denn in der Türkei noch Deutschunterricht gehabt hätte, was er aber verneinte. Er habe lediglich in letzter Zeit angefangen in deutschen Zeitungen zu lesen. Deutschland sei ja so wichtig in der Welt. Natürlich war ich jetzt voll des Lobes, ob dieses kleinen Sprachgenies.
Ich sprach auch kurz seinen Ministerpräsidenten an und wie ich persönlich dessen Sperrungen von Twitter und Youtube beurteile. Da zeigte er mir dann, dass er auch so einige deutsche Schimpfwörter beherrscht.

Aber mal im Ernst, kann das wirklich sein, dass man als Kleinkind mit 3 Jahren schon die sprachlichen Eindrücke um sich herum so gut wahrnimmt, dass es ein leichtes ist, viel, viel später diese Sprache relativ leicht zu lernen? Oder hat er etwas geflunkert und als Heranwachsender doch noch viel Kontakt zur deutschen Sprache gehabt?

2 Kommentare:

  1. Freunde meiner Mutter waren beruflich für etwa ein Jahr in Ägypten. Nach kurzer Zeit hat dann deren etwa 3-4jähriger Sohn gedolmetscht. Jahrzehnte danach von mir befragt, meinte er, dass davon nichts mehr übrig sei.
    Bei dem von dir beschriebenen Fall glaube ich an eine Mischung aus Sprachbegabung (die auch durch die Zweisprachigkeit als Kleinkind gefördert worden sein mag) und einem gewissen Kontakt zur dt. Sprache in der Zwischenzeit.

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    1. Auf jeden Fall beneide ich Kinder, die mehrsprachig aufwachsen.
      Unsereiner muss mühevoll jede Vokabel büffeln und die machen das mit links.

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